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„Food Start-Ups“ erobern die Supermarktregale

Nachhaltige Ernährung liegt im Trend: Der Businessclub Club Tirol diskutierte virtuell mit Vertretern aus dem Handel, Food-Experten und Start-Up-Gründern. Eine kurze Rückschau.

Am Anfang steht oft eine persönliche Sache: Unzufriedenheit mit der eigenen Ernährung, die den Wunsch nach neuen und gesunden Produkten wachsen lässt. Aus einer Idee entsteht unter großer Kraftanstrengung und vielem Probieren ein neues Müsli, ein noch nicht da gewesenes Mischgetränk oder die biologische, nachhaltige Saucenwürze. Ist ein Investor gefunden, steht einem erfolgreichen Markstart (fast) nichts mehr im Wege.

So ähnlich klingen oft die Geschichten der Gründer von Food Start-Ups. Für Konsumenten ist es nicht mehr zu übersehen: Deren innovative, neuen Produkte erobern zusehends die Regale der heimischen Supermärkte. Die Nachfrage nach nachhaltiger und gesunder Ernährung, der Wunsch nach mehr Regionalität bei den Produkten lässt große Handelsketten ihr Sortiment zusehends verbreitern, nicht nur mit Waren aus der Lebensmittel-Großindustrie. Und die Österreicher strafen ihren „Ruf als konservative Esser“ längst Lügen. Die Lust darauf, Neues beim Essen zu probieren, ist groß. Schnitzel und Schweinsbraten haben zwar noch nicht ausgedient, aber sie sinken langsam in der Gunst.

Grund genug für den Businessclub Club Tirol, beim siebten virtuellen Diskussionsabend in diesem „Corona-Jahr“ mit Vertretern aus dem Lebensmittelhandel, einem Food Experten und Business Angel sowie zwei Start-Up Gründern darüber zu diskutieren, wie der Handel auf diese Trends reagiert und welchen Herausforderungen sich Neustarter stellen müssen. „Es soll uns zeigen, was in den Regalen so passiert“, wünschte sich Club Tirol Präsident Julian Had-schieff bei seiner Begrüßung. Organisiert wurde die Veranstaltung erstmals von den „Young Leaders“, die nunmehr „frischen Wind“ (@Hadschieff) in den Club Tirol bringen. Was die Moderatorin des Abends, Susanne Moser-Guntschnig, Leiterin der interne Kommunikation der REWE Group in Österreich, gleich unter Beweis stellte.

Ansprüche an Ernährung steigen
„Wir sind dabei, uns noch viel regionaler aufzustellen und dabei sind Start-Ups ein wichtiger Faktor, um unseren Kun-den ein punktgenaues Angebot zu bieten“, umriss Ines Schurin, Leiterin der Unternehmenskommunikation der REWE Group in Österreich, zu Beginn die Gründe dafür, warum sich ihr Unternehmen seit einiger Zeit besonders in der Szenerie der Food Start-Ups engagiert.

„Die Ansprüche an die Ernährung werden immer mehr und größer“, erklärte Markus Kuntke, verantwortlich für das Trend- und Innovationsmanagement von REWE Österreich, „die Kunden wollen was Neues probieren, wir wollen Alter-nativen bieten und so auch den täglichen Einkauf in unseren Geschäften wieder spannender machen.“ Mit der Großindustrie sei dies nicht so einfach zu bewerkstelligen. Start-Ups hingegen seien „innovativ, schnell und wendig, können Ideen mitunter rasch umsetzen - wir hingegen wissen, wie der Handel funktioniert.“

Um passende Start-Ups zu finden, hat REWE beispielsweise das „Start-up-Ticket Programm“ eingeführt, das eng mit der bekannten TV-Show „2 Minuten 2 Millionen“ zusammenarbeitet. Start-Ups werden von den Verkaufs- und Marke-tingprofis entsprechend gecoacht. Kuntke: „Diese sprechen oft eine völlig andere Sprache als unsere Einkäufer, die Zielrichtungen sind zuerst gegensätzlich, totale Motivation auf der einen Seite kontra Suche nach ausgewogenem Sortiment und dem Zwang, Ertrag damit liefern zu müssen andererseits.“ Gemeinsam findet man schließlich heraus, wie sich was verkaufen lässt, um die Produkte letztlich in die Listung und so in die Regale der REWE-Geschäfte zu bringen.

Ob diese Käufer finden, wird in österreichweit rund 200 Geschäften getestet („wir wollen auf gut 600 aufstocken“). Regionale Unterschiede werden dabei ebenso berücksichtigt wie etwa Jahreszeiten („der neue Eistee wird im Winter eher nicht ziehen“). Während neuen Produkten aus der Großindustrie in der Regel gerade einmal 14 Tage Bewährungszeit in den Regalen gegeben wird, beträgt diese Spanne bei den Start-Up-Waren etwa drei bis vier Monate.

Gründer erzählen
Theorien über den richtigen Einstieg für Start-Ups, wie sie agieren, was sie beachten sollten, um etwa Investoren an Land zu ziehen, gebe es sehr viele, meint Heinrich Prokop, prominenter Business Angel, Investor und Food-Experte. Ganz wichtig sei, dass es „sich um nette Leute handelt, die menschliche Seite muss passen.“ Letztlich sei es „eigentlich immer eine Frage des richtigen Bauchgefühls, ob etwas funktionieren kann oder nicht.“

Wo es offensichtlich funktioniert hat, zeigte zunächst Julia Tulipan auf, die mit von ihr entwickelten Produkten wie Keto Granolas, Haselnuss-Kakao-Creme oder Keto-Kaffee erfolgreich in Supermarkt-Regalen vertreten ist. Alles begann mit dem Wunsch, die eigene Ernährung umzustellen. Dabei stieß die Biologin und Ernährungsberaterin auf die Ketogene-Ernährung, eine besondere Form der low-carb-Ernährung. Von vielen KlientInnen hörte sie das Problem, wie es sich gesund ernähren lässt, wenn man nicht selbst zuhause kocht, sondern unterwegs ist. „Dafür gab’s kaum Produkte“, so Tulipan. Flugs begann sie selbst Müslimischungen zu entwickeln und vor zwei Jahren wurde die eigene Firma gegründet. „Es war ein langer Weg, die größte Herausforderung war, passende Produzenten zu finden“, erzählte Tulipan. Über „2 Minuten 2 Millionen“ gab es ein Startup-Ticket und „dann folgte ein riesiger Sprung, denn statt ein paar Kilo sollten ja Tonnen produziert werden.“ Dafür musste etwa die Rezeptur entsprechend geändert werden und vieles mehr. Es sei eine ordentliche Lernkurve gewesen, die „richtige Sprache in diesem Business zu erlernen.“

„Wir waren am Anfang auch sehr naiv“, berichtete Christian Koder, Gründer und Geschäftsführer von „Hakuma“, dem neuen Eistee auf Basis von Matcha-Grüntee. Er tüftelte einst in seiner eigenen Wohnküche an einem solchen Produkt, nachdem „mich der am Naschmarkt entdeckte gesunde Matcha-Tee so begeistert hat“. Seine Idee war, daraus ein Erfrischungs-Getränk zu machen, den klassischen Eistee zu „entstauben“ und mit einem natürlichen Energydrink zu kombinieren. Es sei ein „steiniger und langer Weg gewesen, mit diesem Produkt in die Supermarktregale zu kommen.“ Dank der Hilfe etwa durch Heinrich Prokop sei dies letztlich gelungen.

Rege Fragerunde
Wie sehr das Thema „Ernährung und Neues im Supermarkt“ beim Publikum auf Interesse stieß, zeigte sich allein schon an den vielen Fragen, die via Chat gestellt wurden. Etwa, wann denn die ersten Steaks aus dem 3-D-Drucker im Fleischregal zu finden sind (Prokop: „ich denke in zwei, drei Jahren“) oder zu Unterschieden im regionalen Kaufverhalten der Österreicher.

Eigentlich sollte diese Veranstaltung, so Moderatorin Moser-Guntschnig, gemütlich „sitzend an der Weinbar der Merkur-Filiale am Hohen Markt samt Produkt-Verkostung über die Bühne gehen.“ Doch der neuerliche Lockdown zwang zum Zoom-Meeting. Ausgestattet mit einem gratis Probier-Paket aus der Merkur-Filiale – für jene Teilnehmer, die es geschafft hatten, sich das Paket dort abzuholen.

7.virtuelles Meeting 9.11.2020 - Nachhaltig ernähren 2.07.virtuelles Meeting 9.11.2020 - Nachhaltig ernähren 2.0




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