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Ein Virus verändert die Gesellschaft

Businessclub CLUB TIROL lud zu spannender und prominent besetzter Podiumsdiskussion über die Folgen der Corona-Krise auf unser künftiges Zusammenleben.

Wann immer die Corona-Pandemie gebannt oder beendet ist, unsere Gesellschaft werde sich dann ein Stück weit verändert haben. Positiv wie negativ. Das Virus transportiere eine wichtige Botschaft, eine Art "Anti-Egoismus-Kampagne" ", sagt die Ärztin Caroline Kunz: "Wenn wir es jetzt nicht schaffen, aufeinander zu schau-en, dann können wir diese Krise gar nicht bewältigen."

Zwei Aspekte aus einer spannenden Podiumsdiskussion, zu der der in Wien etablierte Businessclub Club Tirol unter dem Titel "Was macht Covid mit unserer Gesellschaft?" beim mittlerweile 11. virtuellen Clubabend geladen hatte. An die 80 Club-Mitglieder diskutierten mit einer am "Zoom-Podium" versammelten prominenten Runde: der renommierte Meinungsforscherin und ehemaligen Bundesministerin für Familie und Jugend, Sophie Karmasin, der Ärztin und Psychotherapeutin Caroline Kunz sowie dem Rektor des Management Center Innsbruck (MCI), Andreas Altmann. Souverän moderiert wurde der Abend vom gebürtigen Tiroler Rainer Nowak, Chefredakteur und Herausgeber der Tageszeitung "Die Presse". Der stellt zu Beginn fest, dass "wir hier jetzt nicht nur über die wieder Schlagzeilen machende aktuelle Tiroler Situation sprechen."

Von Angepassten, Gestaltern, Verunsicherten und Fatalisten
Meinungsforscherin Karmasin präsentierte unter anderem die aus der Studie "Das neue Retro?" (downloadbar unter www.karmasin-research.at) stammenden derzeitigen Typologien der österreichischen Gesellschaft. Da gebe es die Angepassten (optimistisch eingestellt, aber obrigkeitshörig), die Gestalter (optimistisch und liberal), die Verunsicherten (pessimistisch) sowie die Fatalisten (pessimistisch mit autoritärer Einstellung). Noch sei die Gruppe der Angepassten die größte, doch jene der Verunsicherten - darunter besonders viele junge Menschen steige dramatisch an. Deren Angst etwa um Fragen "wie geht es in meinem Leben weiter" sowie aufkeimende Gerechtigkeitsdiskussionen seien eine gefährliche Tendenz in Hinblick auf das künftige gesellschaftliche Gefüge. Besonders, weil auch die Fatalisten immer mehr werden.

Aus diesen empirischen Befunden leitet Karmasin einige Grundthesen ab. Die durch die Pandemie hervorgerufene Erschütterung unseres Lebensstils, unseres Wohlstandes wirke demnach nachhaltig. Zum ersten Mal sei-en von einer Krise praktisch jeder betroffen, alle Altersgruppen. Die überwiegende Antwort vieler auf diese Erschütterung, so Karmasin, sei Angst. Das verändere eine Gesellschaft. Weiters habe heute wissenschaftliche Erkenntnis und Leistung im politischen Diskurs einen anderen Stellenwert erlangt, als noch vor einem Jahr: "Es wird viel stärker auf die Wissenschaft gehört." Psychologische Phänomene, Erkrankungen und Belastungen rückten zudem ebenso erstmals in den politischen Fokus.

Eine weitere Erkenntnis ist laut Karmasin, dass in einer Demokratie Gesetze, Verordnungen und Staatshilfen das Verhalten der Menschen nur bis zu einem gewissen Grad steuern können: "Irgendwie wurde dabei vergessen, dass man den Menschen dazu braucht." Eine transparente und emphatisch nachvollziehbare Kommunikation wäre dafür dringend erforderlich. Als letztes sieht Karmasin das Problem der "neuen, aber eigentlich alten sozialen Bruchlinien" in unserer Gesellschaft. Gruppen wie Migranten, Frauen, Kinder mit Lernschwierigkeiten, Kleinunternehmer, Alleinerzieherinnen etc. fühlen sich "jetzt zu wenig beachtet, ja ungerecht behandelt." Andere Gruppen würden hingegen in der Wahrnehmung vieler ein zu viel an Hilfe bekommen. Diese "Ungerechtigkeitsfragen" spielten eine entscheidende Rolle im öffentlichen Diskurs. Viele sehen keine gerechte Verteilung der Krisenhilfen. Das nähre natürlich die Wut, existenzielle Ängste bis hin zu Verschwörungstheorien. "Dieses Gerechtigkeitsthema muss aufgelöst werden."

Vertrauen wieder aufbauen
Eine sich abzeichnende Spaltung der Gesellschaft bereitet auch Therapeutin Kunz Sorge. Gerade alleinstehen-de Menschen und Alleinerzieherinnen drohen zu Verlierern zu werden. Viele gingen zusehends in die Isolation, alles werde ihnen zu viel. "Dagegen müssen wir dringend etwas tun", so Kunz. Wer es schaffe, sich "innerlich zu stabilisieren", der habe bessere Chancen, positiv aus der Krise herauszukommen. Vertrauen wieder aufbau-en (Politik!), eine Portion Gelassenheit sowie ein achtsamer Umgang mit sich selbst wie mit den Mitmenschen sind wichtige Elemente dazu. Gerade um das bei vielen Menschen auftretende Gefühl des Kontrollverlustes über das eigene Leben hintanzuhalten. Kunz: "Ermutigungen aussprechen, dazu sind nicht nur die Politiker aufgefordert, sondern auch die Medien."

Jetzt investieren
Die ökonomischen Unsicherheiten, die multiplen Verwerfungen in der Wirtschaft, die "werden wir noch lange mitschleppen", meint Andreas Altmann. Doch jetzt, wo von staatlicher Seite "Geld faktisch abgeschafft ist", gebe es die Chance, in große Programme zu investieren - wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung, eine neue Aus-richtung des Wirtschaftsstandortes Österreich. Altmann: "Jetzt kann man Dinge bewegen, man muss den Mut dazu haben, da müssen wir hin, das schafft Veränderung."

Eines habe, so Altmann, die Krise "beschämend offengelegt": Während erstaunlicherweise das Gesundheitssystem bisher gut gehalten habe, hätten sich in der öffentlichen Verwaltung sowie auch im Bildungsbereich die Mängel in Sachen Digitalisierung sehr deutlich bemerkbar gemacht. "Da sehe ich großen Handlungsbedarf." Bedenklich stimmt Altmann hingegen die bei einigen auftretende "neue Staatsgläubigkeit, der Glaube, der Staat kann alles retten, er füttert alle durch." Das werde auf Dauer nicht funktionieren. Dabei spiele auch ein Umstand eine Rolle, den es bei früheren Krisenbewältigungen so nicht gegeben habe: "Jetzt wird Geld ausbezahlt nicht für Aktivitäten, sondern für das Nichtstun, doch eigentlich müssten wir Geld geben für ein Handeln."

Diskutanten wie viele der sich rege beteiligten Zuseher waren sich am Ende einig, dass unser Zusammenleben nach der Pandemie anders sein werde als zuvor. Was es braucht, um aus der Krise heraus zu kommen, formulierte Club Tirol-Präsident Julian Hadschieff in seinen Schlussworten: "Den respektvollen Umgang miteinander und ein gemeinsames mit Zuversicht in die Zukunft Gehen."

Unter den Teilnehmer des virtuellen Meetings wurden gesehen:  Vizepräsidentin Renate Danler (Renate Danler Consulting), die CLUB TIROL-Vorstandsmitglieder Charlotte Sengthaler (e&k public relations), Peter Kunz (Kunz Wallentin RAE), Martina Scheiber (HR-SCOPE) Herbert Rieser (cafe+co) und Barbara Kolm (Vizepräsidentin der Österreichischen Nationalbank). Iris Ortner (IGO Industries GmbH), Christian Jäger (Hypo Tirol Bank), Christiane Gasser (Swarovski Kristallwelten), Clemens Pig (APA), Ursula Hillbrand (AoH Salonhosting), Martin Hörmann (IV), Karin Mayr (Observer) Isabella Fischer (BMI), Ulrich Fuchs (EGOS), Manfred Gaber (Rotes Kreuz), Hannes Gruber (VIG), Daniel Winkler und Alexander Kittinger (Hollu), Martin Kreutner (IACA), Matthias Lechner (Factor Innsbruck), Peter Lorenz (lorenzateliers), Gabi Pröll (Hagelversicherung), Journalist und Autor Claus Reitan uvm.
11. virtuelles Meeting 8.2.21 - Was macht Covid mit unserer Gesellschaft?11. virtuelles Meeting 8.2.21 - Was macht Covid mit unserer Gesellschaft?11. virtuelles Meeting 8.2.21 - Was macht Covid mit unserer Gesellschaft?11. virtuelles Meeting 8.2.21 - Was macht Covid mit unserer Gesellschaft?11. virtuelles Meeting 8.2.21 - Was macht Covid mit unserer Gesellschaft?




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