Prominent besetzte CLUB-TIROL Podiumsdiskussion über die „Zukunft der Regionalmedien“
Die einen haben gerade in neue Druckmaschinen investiert. Die anderen nutzen Synergien zwischen Print und Online, um Kosten zu reduzieren. Und für alle scheint klar zu sein, dass letztlich nur mit Qualität in den Redaktionen das Match zu gewinnen ist. Totgesagte leben bekanntlich länger - und das offenbar in der „regionalen Oase“ noch um einiges besser als auf der nationalen Bühne.
Wie umgehen mit Fake-News und Social Media, der Finanzierung klassischer Journalisten, immer älter werdenden Abonnenten, sinkenden Auflagen oder Bezahlschranken im Netz - auf diese brennenden Fragen gab es (Montagabend) bei einer Podiumsdiskussion über „die Zukunft der Regionalmedien“ im Presseclub Concordia in Wien eine Reihe von Antworten. Der CLUB Tirol hatte dazu eingeladen - und mit Toni Ebner, Chefredakteur der Südtiroler Dolomiten, Alois Vahrner, Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung, Michael Sabath, Mitglied der Chefredaktion der Kleinen Zeitung sowie Clemens Pig, Vorsitzender der Geschäftsführung und geschäftsführender Vorstand der APA – Austria Presse Agentur, fanden sich die jeweiligen regionalen „Medien-Platzhirschen“ gemeinsam mit Moderatorin und CLUB TIROL Vorstandsmitglied Lydia Ninz am Podium wieder.
Eines gleich vorweg: Das Aussterben der auf Papier gedruckten Zeitung ist bis auf weiteres vertagt. Den „Stein der Weisen“, wie mit Online gutes Geld zu verdienen ist, das hat unter den Regionalkaisern jedoch noch keiner gefunden. Diversifizierung der Medienunternehmen, Experimentieren sowie die Erschließung neuer Geschäftsfelder sind hingegen angesagt - um etwa mit „medienfernen“ Erlösen echten Journalismus finanzieren zu können.
Heiratsmuffel lassen Abozahlen sinken
„Wir waren die Ersten, die 2016 für unser Internetangebot eine Bezahlschranke eingeführt haben, und sind zuerst in ein ‚Tal der Tränen“ gefallen“, erzählte Michael Sabath. Mittlerweile kann die Kleine Zeitung (immer noch ertragreichster Teil der Styria Media Group) stolz von rund 26.000 reinen Digitalabonnenten berichten. Österreichs zweitgrößte Tageszeitung, im Süden sogar die Nummer 1, setzt trotzdem weiter auf die Printausgabe. Dafür „haben wir gerade neue Druckmaschinen geordert, die halten in der Regel mindestens zehn Jahre.“ Der Regionaljournalismus ist für Sabath auch ein wichtiger Weg, um junge Leser zu gewinnen: „Wir wissen, dass 90 Prozent der Meldungen, die die Bestellung eines Abos nach sich ziehen, aus dem regionalen Bereich stammen.“
„Journalistische Inhalte sind teuer, die wollen wir deshalb auch nicht verschenken“, erklärt Toni Ebner die Strategie der zum Medienhaus Athesia gehörenden Dolomiten. Man fährt daher auf zwei Schienen: Nur der (Print-)Abonnent erhält das umfangreiche Angebot, sei es als Druckexemplar und/oder als e-paper. Das reduzierte Gratis-Angebot für alle gibt es hingegen mit dem Netzportal stol.it. Ebner: „Ein Problem ist schon, dass sich viele Leute mit immer weniger Gratis-Informationen zufrieden geben.“ Ebner sieht (schmunzelnd) auch gesellschaftliche Veränderungen als Grund für sinkende Abo-Zahlen: „Die Jungen heiraten ja nicht mehr, früher wurde mit Hochzeit und Hausstandsgründung automatisch ein Dolomiten-Abo bestellt.“
Über jüngste Zuwächse im Printbereich freut sich TT-Chef Alois Vahrner. Und auch darüber, dass man die mediale Konkurrenz in Tirol wieder deutlich auf Abstand halten konnte. Für Vahrner hat Print jedenfalls Zukunft, auch wenn es bei den Auflagen kaum mehr nach oben gehen wird, weil die Zahl der Online-Leser weiter ansteigt.
Eine Bezahlschranke beim Netz-Angebot tt.com sei derzeit nicht in Sicht. Allerdings bleiben bestimmte Artikel den Abonnenten vorbehalten. Ähnlich wie bei den anderen Medienunternehmen machen die Anzeigenerlöse im Onlinebereich bei der TT etwa 10 Prozent des Gesamtumsatzes aus.
Bei der APA, die als Agentur ja nicht direkt an den Leser kommt, ist klar, dass „es Inhalte nur gegen Bezahlung gibt.“ Clemens Pig ergänzt, „dass Genossenschaften vor dem Hintergrund der digitalen, internationalen Herausforderungen der Medienindustrie eine moderne Rechtsform im Sinne des Wirtschaftsmodells der sharing economy darstellen und sich diese Herausforderungen gemeinsam besser meistern lassen.“
Allein mit der Basisdienstleistung für die Eigentümer, die Medien, könnte eine Agentur im kleinen Markt Österreich nicht überleben. Deshalb hat die APA schon früh auf Diversifizierung gesetzt. Neue Geschäftsfelder und Technologien werden laufend eingeführt, wie etwa Fact-Checking-Lösungen oder Artificial Intelligence. Man müsse aber auch, so Pig, immer den Mut haben, „Dinge wieder abzudrehen, wenn sie nicht funktionieren.“
Mit Recherche gegen Fake News
Dass es auch in Zukunft weiter Journalisten brauchen wird, darüber waren sich alle Diskutanten einig. Gerade in Hinblick auf Social Media und dem Problem der Fake News. „Es geht nicht nur um die Weitergabe von Informationen, diese müssen auch überprüft und verifiziert werden“, so Clemens Pig. Social Media wie Facebook und Co. seien für die klassischen Medien „wichtig für die Zugriffssteigerungen auf unseren Portalen, aber nicht deren Inhalte“ (Ebner). Oberstes Prinzip bleibe, die eigene Glaubwürdigkeit zu erhalten. Ebner: „Wir müssen nicht die Ersten mit einer Meldung sein, bei uns wird zuerst nachrecherchiert.“
In praktisch allen Medienunternehmen arbeiten mittlerweile Online- und Printredaktionen zusammen, sind mehr oder weniger integriert. „Mit unserem neuen Redaktionssystem verzahnen wir das noch mehr“, so Alois Vahrner. Egal ob Print oder Online, wichtig ist es „eine glaubwürdige Quelle zu bleiben.“ Bei der Kleinen Zeitung war, so Sabath, die Integration „nicht ganz so leicht, die jungen Online-Kollegen haben andere Werkzeuge, da muss man ihnen als altgestandener Printjournalist schon zur Seite stehen.“ Die Geschwindigkeit, mit der heute Nachrichten Online generiert werden, sei oftmals ein Problem und in Hinblick auf die Recherche eine Herausforderung.
Die (regionalen) Medien werden, so die durchaus einhellige Meinung, nicht mit neuen Technologien gewinnen, sondern mit entsprechend ausgestatteten Redaktionen. Fazit für CLUB-TIROL-Präsidenten Julian Hadschieff am Ende der anregenden Diskussion: „Freie Medien sind ganz wichtig für unsere Demokratie.“