Der Businessclub CLUB TIROL im Gespräch mit dem Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz / Club spendet für "Herzensprojekte" des gesundheitlich verhinderten Kardinal Christoph Schönborn.
Die "Pummerin" im Wiener Stephansdom ist eines der Symbole für Österreichs (katholische) Kirche. Eine Reihe von Mitgliedern des Businessclub CLUB TIROL besuchten die "Große Glocke von St. Stephan" am Nordturm des Domes, bevor es zum geplanten "Gesprächstermin" mit dem Oberhaupt der heimischen Kirche in den Räumen des benachbarten "Club 4" ging. Doch Kardinal Christoph Schönborn musste gesundheitlich bedingt kurzfristig absagen - und schickte als "Ersatz-Gesprächspartner" den Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz in die rund 60-köpfige Runde von in Wien lebenden "Exil-Tirolern".
"Wir bedauern zwar das Fernbleiben des Kardinals, freuen uns jedoch über den tollen Ersatz", begrüßte Club Tirol Vizepräsidentin Renate Danler den "waschechten" Wiener, studierten Juristen und Theologen Peter Schipka. Dieser widmete sich in seinen Impulsvortrag dem aktuellen Thema "Politik und Kirche". Dabei denke man hierzulande zwar zuerst an den "politischen Islam", vielfach beginne die Diskussion jedoch "beim Kopftuch und endet beim Kreuz". Wie öffentlich darf Religion sein? Darf man erkennbar einer Religion angehören? In welchen Räumen hängen Kreuze? Dies seien alles recht schnell politische Fragen.
Die Welt mitgestalten
Äußere sich der Kardinal politisch, dann folge rasch die Reaktion: "Die Kirche soll sich nicht einmischen." Aber darf der Kardinal, die Kirche, keine Position beziehen? Ab wann ist es tatsächlich eine Einmischung? Fragen, die, so Schipka, eigentlich ungeklärt sind. Aus Sicht der Kirche sollen nicht zuerst die Bischöfe, sondern "alle Christen politisch sein". Das gehöre zum so genannten Weltdienst, die "Welt mitzugestalten betrifft alle Gläubigen". Die Bischofskonferenz werde erst politisch, wenn es etwa um die Begutachtung geplanter Gesetzesänderungen der Regierung gehe, wie etwa das Kopftuchverbot: "Da äußern wir uns."
Historisch gesehen hatte Österreichs Kirche schon ein wesentlich engeres Verhältnis zur Politik (Monarchie, Zwischenkriegszeit). Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Verhältnis neu definiert - man wollte eine "freie Kirche in einem freien Staat". Dieses Verhältnis entwickelte sich weiter. Die Annahme, mit allen politischen Parteien auf gleicher Distanz zu sein, entpuppte sich als nicht möglich, da "die einzelnen Parteien unterschiedlich ansprechbar auf kirchliche Positionen sind." Das heißt, nicht die Kirche sondern die Parteien bestimmen, wie nahe sie zur Kirche stehen. Und die Nähe oder Entfernung einer Partei zur Kirche werde durch "das Programm, die Praxis und Personen bestimmt." Nur weil eine Partei das Wort christlich im Namen führt, heißt es in der Praxis nicht, dass sie der Kirche sehr nahe steht. Und umgekehrt.
Getrennte Bereiche
Wie politisch kann also eine Religion sein? Peter Schipka listet drei Bereiche auf. Zum einen gibt es zwischen Staat und Kirche getrennte Bereiche, die es zu respektieren gilt. "Die Straßenverkehrsordnung ist keine Sache der Kirche, das ist keine Glaubensfrage." Umgekehrt heißt es, der Staat mischt sich in die inneren Angelegenheiten der Kirche (zB. Wer darf Priester werden, wer darf heiraten) nicht ein.
Christen (wie auch Angehörige anderer Religionen) sind Staatsbürger und sind dem Staat gegenüber loyal. Was nicht ausschließt, dass "ich den Staat mitgestalte und meine Überzeugungen einbringe." Etwa bei der Frage nach dem "freien Sonntag" oder dem "Schutz des Lebens." Mitgestaltung aus christlicher Überzeugung bedeute aber auch, dass "ich es respektieren muss, wenn Gesetze meine Meinung nicht wieder spiegeln." Etwas heikel werde es, so Schipka, mit folgender religiöser Regel: "Man muss Gott mehr gehorchen, als den Menschen." Dies birgt den Konflikt in sich, wenn es heißt, dass "staatliches Recht immer vorgeht." Entwickle sich ein Land etwa zu einem Unrechtsstaat, dann sei es für einen Christen klar, dass er dabei nicht mitmacht. Wo genau die Grenzen liegen, um gegen staatliches Recht vorzugehen, lasse sich nicht exakt festlegen. Schipka: "Würde etwa die Folter als staatliches Instrument eingeführt, dann sehe ich eine Grenze überschritten, dagegen müssten wir aufstehen."
Rege Diskussion
Nach den Ausführungen von Peter Schipka nutzte das Publikum die Gelegenheit, eine Reihe an Fragen an ihn zu stellen. Darunter auch jene nach der Rolle der Frauen in der katholischen Kirche - wohl auch angesichts des an diesem Tag veröffentlichten päpstlichen Schreiben zur Amazonas-Synode, in der der Pontifex die Weihe von Frauen ablehnt. Schipka sieht unabhängig von der theologischen Frage dabei die Möglichkeit, das Kirchenbild umzudrehen und die Weihe nicht so sehr in den Vordergrund stellen - dann könnten auch Frauen einfacher Leitungsfunktionen einnehmen.
Spende für Projekte
Als besonderen "Genesungswunsch" an Kardinal Schönborn überreichte Vizepräsidentin Renate Danler zum Abschluss des Treffens an Peter Schipka eine Spende des Clubs: Für zwei "Herzensanliegen" des Kardinals, dem Projekt "Open Hospitals" in Syrien sowie dem Caritas-Projekt "Le+O Unterstützung für Bedürftige in Österreich."
In der Gästeschar gesehen wurden: CLUB TIROL-Vorstandsmitglieder Barbara Kolm (Vizepräsidentin der OeNB) und Charlotte Sengthaler (e&k public relations), Karin Bauer (Kraft-Coaching), Lydia Ninz (Ajour), Gabi Krieger-Wolf (Artist Backoffice), Elisabeth Marschang (BMEIA), Karin Mayr (Observer), Michaela Reith und Leopold Dallinger (Sommertheater Kitzbühel), Sanja und Herfried Weiß (Daheim leben Seniorenbetreuung) Mario Eckmaier (Factor), Michael Gföllner (BMJ), Martin Hofstädter (BMI), Martin Hörmann (Industriellenvereinigung), Kunstexpertin Marianne Hussl-Hörmann, Lorenz Jahn (enzjahn Communications), Hannes Kar (Fernsehjournalist), Christoph Obererlacher (Swiss Life Select), Elke Pichler (Impactory GmbH) Harald Preyer (Resonanz GmbH) Georg Salner (Künstler) Dominik Schrott (BMI) uvm.Dominik Schrott (BMI) uvm.