Club Tirol gratulierte zum 150. Geburtstag und nahm dabei Wiens erste Hoteladresse am Ring in Augenschein.
Was wäre ein Hotel in der einstigen Kaiserstadt ohne seine Geschichte(n)? Für viele der heutigen Gäste wohl nur die halbe Miete. Vor allem, wenn es sich um eines der traditionsreichsten Häuser im damit ohnehin reich gesegneten Wien handelt. Jetzt feiert ein solches Haus einen runden Geburtstag: genau vor 150 Jahren, am 28. April 1873, öffnete das „Hotel Imperial“ am Kärntner Ring seine Pforten.
Anlass für eine 30-köpfige Schar an Mitgliedern des Club-Tirol, sich tags zuvor als Geburtstags-Gratulanten im Imperial einzufinden. Um sich dann bei einem Haus-Rundgang mit Mario Habicher, seit 2015 amtierender Generaldirektor sowie „waschechter“ Tiroler, Erzählungen aus der langen Hotel-Geschichte anzuhören sowie das historische, heute mit allen modernen Bequemlichkeiten ausgestattete Interieur des Hauses in Augenschein zu nehmen. „Das Imperial ist sicherlich die Perle Wiens“, streute Club Tirol-Vizepräsidentin Renate Danler gleich zur Begrüßung Rosen, auch wenn es in der Stadt mit mittlerweile 23 „5-Sterne-Häusern“ ordentlich Mitbewerber um diesen Titel gibt.
Von gekrönten Häuptern bis zum King of Pop
Als profunder Erzähler fungierte beim Rundgang der selbst zur Legende gewordene, drei Jahrzehnte als Chef Concierge dienende Michael Moser. 2014 pensioniert, wurde er eigens als Hausarchivar „reaktiviert“. Das Imperial wurde ursprünglich in den 1860er-Jahren als nobles Stadtpalais für Herzog Philipp Alexander von Württemberg errichtet, angeblich als Hochzeitsgeschenk an seine Gattin Erzherzogin Marie Therese von Habsburg-Lothringen. Das Paar fand jedoch wenig Freude im Palais, der „Lärm rundherum auf der damals größten Baustelle Europas, der Wiener Ringstraße, war offenbar unerträglich.“ Der Herzog ließ sich deshalb ein neues Haus im Alsergrund bauen, verkaufte das Gebäude am lauten Ring 1872 an Horace Ritter von Landau, der es angesichts der bevorstehenden Wiener Weltausstellung binnen weniger Monate in ein Hotel verwandelte.
In „Wiens erster Adresse“ begrüßte man seither unter den Gästen wohl so ziemlich alles, was weltweit Rang und Namen hat. Von gekrönten Häuptern über Staatspräsidenten bis hin zur Prominenz aus Kunst & Kultur. Stolz und versehen mit weißen Handschuhen präsentierte Archivar Moser den Besuchern in der Fürsten-Suite eine Reihe an Gästebüchern. Darin finden sich die Unterschriften von Charlie Chaplin, der englischen Queen, Präsident Kennedy, Walt Disney, Fußballer Pelé, Boxer Mohammad Ali, Musiker Phil Collins und, und, und. Das erste noch vorhandene Gästebuch aus dem Jahr 1915 hat Moser übrigens vor einiger Zeit ins Haus zurückgeholt – es wurde bei einer Auktion in Hamburg angeboten. Wie es dorthin gelangt ist, weiß man nicht. Es gibt nur einen Verdacht: von 1945 bis 1955 diente das Hotel den Alliierten Besatzern als Hauptquartier. Nach deren Auszug wurden „schon einige Dinge vermisst.“
Mit Anekdoten über prominente Gäste hält man sich ansonsten zurück. Ganz im Sinne von „Diskretion und Vertraulichkeit“, so Generaldirektor Habicher. Mit kleinen Ausnahmen, wie jene über den „King of Pop“. Der wollte, so erzählt Moser, bei einem seiner Aufenthalte einmal ein „Schloss in Niederösterreich kaufen.“ Für die Besichtigungstour wünschte sich Michael Jackson keine Limousine oder Taxi, sondern ein normales Auto. Der an den Direktor herangetragene Wunsch wurde flugs erfüllt: der „King“ wurde in den am Hintereingang wartenden Opel Kadett zweier Mitarbeiter gesetzt, die mit ihm zwei Stunden lang herumfuhren. Niemand erkannte den King, Schloss kaufte er allerdings keines.
Betten aus dem Hofmobiliendepot
Über „Gästeexzesse“ oder deren ausgefallene Wünsche wird ebenso geschwiegen. Heute „trinken viele auch nur mehr Mineralwasser und essen Fisch“. Wie die Rolling Stones, die sich tatsächlich alle vier im Gästebuch eingetragen haben. Von den „Beatles durften wir hingegen nur zwei umsorgen.“ Dafür wurde der Sorge um eine wirklich standesgemäße Hotel-Übernachtung der englischen Queen Elizabeth insofern begegnet, indem extra alte kaiserliche Betten aus dem Wiener Hofmobiliendepot heranschaffen ließ.
Wenn irgendwie möglich erfüllen Generaldirektor Habicher und seine 175 Mitarbeiter aus 40 Nationen jeglichen Gästewunsch. Die Geschäfte laufen, so Habicher, im von „Marriott International“ betriebenen Haus nach der Pandemie-Delle wieder sehr gut. Der Eigentümer der Hotelikone – seit 2016 Unternehmer Ahmad al Habtoor aus dem Emirat Dubai – hat dieses allerdings weniger als prosperierendes Investment denn als Flagship-Immobilie für sein internationales Portfolio und als idealen Wohnort „für meine Wien-Aufenthalte“ erworben.